Deep Blue kann keine Kartoffeln schälen

Ein Artikel der Süddeutschen Zeitung vom 22. Oktober 2017 beschäftigt sich mit der Angst vor der künstlichen Intelligenz. Zwar gibt es Computer, die den Menschen im Schach schlagen. Erstmals gelang dies Deep Blue von IBM 1996. Der Schachweltmeister wurde von einem Computer besiegt. Es folgten 2011 Watson, der gegen Kandidaten in der Quiz-Show Jeopardy gewann und schließlich 2016 als Googles Alpha Go im Go-Spiel den zur Zeit stärksten Go-Spieler der Welt, Lee Sedol, bezwang.

Beachtliche Leistungen. Aber dann wird das Argument angeführt, dass diese Rechner sehr gut auf ihrem Gebiet sind, doch keine Kartoffeln schälen und keinen Kaffee kochen können. Davon abgesehen, dass Deep Blue keine Kartoffeln isst und keinen Kaffee trinkt, fragt man sich: Was soll das?

Bereits in den 1960er Jahren war die Euphorie groß, dass es bald intelligente Maschinen gäbe. Der GPS, General Problem Solver, sollte alle Probleme lösen. Im Fokus stand hier vor allem die Prädikatorenlogik. Sie war gut bekannt und die Aussage berechenbar. Mit der Prämisse, dass sich alles in eine logische Form bringen lässt, konnte man mit einem Rechner aus den logischen Aussagen alles ableiten, was möglich ist. Euklid hatte in seinen Elementen bereits vor 2.000 Jahren die Geometrie mit 5 Axiomen aus den Hut gezaubert. Mit der Prinzipia Mathematica, um 1911, versuchten Bertrand Russel und Alfred North Whitehead die Mathematik aus einigen Axiomen abzuleiten. Es war nicht Gödels Unvollständigkeitssatz, weswegen das Projekt nach 10 Jahren scheiterte, sondern die Einsicht, dass dieser Weg nicht zielführend ist.

Der nächste Schritt waren die Expertensysteme. Expertenwissen sollte durch Regeln abgebildet werden. Aus Sachverhalten konnte man mit Hilfe der Regeln Aussagen ableiten. Diese Systeme waren hilfreich in der Diagnose aber sie leisteten nicht dass, was wir unter Denken verstehen.

In den 60er Jahren wurden bereits Neuronale Netze entwickelt. Als Marvin Minsky und Seymour Papert aber zeigten, dass das Perceptron, ein einlagiges Netz, die XOR-Verknüpfung, nicht abbilden konnte, schwand das Interesse an den Neuronalen Netzen. Die KI-Forschung versuchte auf anderen Wegen zum Ziel zu kommen.

Allen gemeinsam war die Vorstellung, dass man das Denken gefunden hatte und es nur noch in den Computer einbauen müsste. Man musste erst lernen, dass das Denken komplizierter ist als man dachte. Deswegen kann Deep Blue keinen Kaffee kochen.

Den besten Menschen im Schach, Jeopardy und Go zu schlagen waren Meilensteine in der Entwicklung der KI. Daher sind sie so unglaublich wichtig. Aber Maschinen müssen lernen zu gehen, mit Sensoren fühlen, sie müssen in ihre Umwelt eingebunden werden und diese Umwelt wahrnehmen und verarbeiten. Hier stehen wir am Anfang. Daher kann Deep Blue keine Kartoffeln schälen.

Wir müssen einsehen, dass es trivial ist zwei 11stellige Zahlen miteinander zu multiplizieren. Aber die Flugbahn eines Tennisballes zu berechnen und den Tennisschläge so zu steuern, damit er diesen Ball trifft, dass ist nicht einfach. Die Dinge die uns leicht erscheinen sind gar nicht so leicht umzusetzen. Was man kann ist immer einfach.

Maschinen sind noch nicht variablen im Lösen von Aufgaben, aber morgen werden sie es sein. Sollte Morgen auch erst in einem, zehn oder hundert Jahren sein.



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